28. August 2014
Eifelwald ist Kulturgut
Wälder und waldbestandene Gebiete gehören zu den von der Bevölkerung regelmäßig und intensiv aufgesuchten Außenbereichen. Anwohner, Tagesreisende zur Naherholung und mehrtätige Urlauber empfinden den Aufenthalt in der freien Natur als zentralen Bestandteil ihrer Lebensqualität. Gemäß Landesforstgesetz NRW kommt dem Waldbestand daher eine besondere Bedeutung für die Erholung der Bevölkerung zu.
Leider besitzt das Land NRW einen im Bundesvergleich unterdurchschnittlichen Anteil an Waldfläche, so dass gerade im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands den vorhandenen Naherholungsarealen noch einmal besondere Bedeutung zukommt.
Umso bedauerlicher war es, dass das Land NRW im Jahr 2009 zur Finanzierung von Deichbaumaßnahmen 2.750 Hektar Wald aus landeseigenem Besitz an ein privatwirtschaftliches Unternehmen verkauft hat, welches unter dem Mantel der nicht gemeinnützigen bofrost*Stiftung firmiert, deren Zweck laut Stiftungsverzeichnis des Landes NRW die Unterstützung der eigenen Unternehmerfamilie ist.
Vor der Entscheidung wurden damals aus Reihen von Fachleuten wie dem Bund Deutscher Forstleute BDF eindringliche Mahnungen gegen den Verkauf des staatseigenen Walds an ein Unternehmen geäußert. Diese Bedenken wurden allerdings geringer gewichtet als die einmaligen finanziellen Einnahmen.
Heute, fünf Jahre nach dem Verkauf des Eifelwaldes, ist festzustellen, dass sich die Befürchtungen der Fachleute bewahrheitet und die Hoffnungen der damaligen Befürworter als trügerisch erwiesen haben. Bündnis 90/Die Grünen haben bereits damals gegen den Verkauf Stellung bezogen.
Im Mai 2009 zitierte der Kölner Stadtanzeiger den Unternehmenssprecher der Bofrost-Gruppe bezüglich der zahlreichen geäußerten Befürchtungen mit der Aussage „Die Sorgen sind nicht berechtigt.“ Mit Rückblick auf die seit dem Verkauf vergangenen fünf Jahre ist demgegenüber nunmehr festzustellen, dass die Beteuerungen der Familienstiftung sich als wertlos erwiesen haben. Der Verkauf des Waldes hat sich für viele Anwohner, den Tourismus und die betroffenen Gemeinden als Fehler entpuppt. Im Januar 2012 stellt sich die Situation für den Kölner Stadtanzeiger so dar: "Einer Mondlandschaft gleichen die Wege bei Paulushof. Von schwerem Gerät wie etwa Harvestern … wurden die Flächen zerstört.“ (siehe Kölner Stadtanzeiger vom 20.02.2012, „Forstwirtschaft: Rodungen und Drückjagden“) und dass in den vergangenen Jahren "beliebte Wanderwege zu Buckelpisten gefahren“ wurden, ohne sie wiederherzustellen. Auf offiziellen Wanderwegen wie dem Eifelsteig gerieten Wanderer in die Schussbahn von Jagdveranstaltungen, die ohne die vorgeschriebenen Warnhinweise durchgeführt werden.
Bis heute halten diese inakzeptablen Verhaltensweisen der Waldbesitzer an.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat Kall hat die Situation mehrfach in diesem Jahr vor Ort in Augenschein genommen, unter anderem mit Vertretern der Gemeindeverwaltung, Herrn Beigeordneten Uwe Schmitz und Herrn Auel.
Die gesamte Wandersaison 2014 hindurch waren Abschnitte des touristisch bedeutsamen Eifelsteigs in der Gemeinde Kall in einem unzumutbaren Zustand. Dies wird jetzt auch von der SPD beklagt, die im Schulterschluß mit der FDP mit ihrem "Nein" in der Ratssitzung am 17. September 2009 den Ankauf des Waldes durch die Gemeinde verhindert hat! Der Fraktionsvorsitzende, Erhard Sohn, war damals der Meinung, die vertragliche Wegesicherung reiche aus. Wie sich jetzt herausstellt, war dies wohl eine folgenschwere Fehleinschätzung.
Versuche, die bofrost*Stiftung zur Behebung der Schäden zu bewegen, liefen ins Leere. Durch die Folgewirkungen der negativen Erfahrungen von Touristen, die im guten Glauben aus Ballungsgebieten anreisen, um dann vor Ort festzustellen, dass Wanderwege entgegen den Darstellungen in Reiseprospekten kaum passierbar sind, droht den Eifelgemeinden ein dauerhafter wirtschaftlicher Schaden.
Der Ortsverband Kall von Bündnis 90/Die Grünen fordert daher eine Initiative für einen gemeinsamen öffentlichen Appell der betroffenen Kommunen, um übergeordnete Stellen auf diese seit langem bestehenden Missstände eindrücklich aufmerksam zu machen. Mangels Rücksichtnahme der nichtgemeinnützigen bofrost*Stiftung auf öffentliche Interessen und ohne gesetzliche Handhabungsmöglichkeiten sehen wir nur den Weg, durch eine breite öffentliche Diskussion auf Besserung hinzuwirken. Dazu planen wir eine öffentliche Begehung am 21.09.2014.
Quellen:
Ministerium für Inneres und Kommunales NRW: „Stiftungsverzeichnis für das Land NRW“, Online: http://www.mik.nrw.de/nc/stiftungsverzeichnis-fuer-das-land-nrw/stiftungen-suchen.html; Zugriff am 24.08.2014
Bund Deutscher Forstleute: „Stellungnahme Expertenanhörung Waldverkauf Eifel“, 12.01.2009
Kölner Stadtanzeiger: „Die Sorgen sind nicht berechtigt“, 12.05.2009
Kölner Stadtanzeiger: „Forstwirtschaft: Rodungen und Drückjagden“, 20.01.2012
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald: „Waldanteil in Deutschland“, Online: http://www.sdw.de/waldwissen/wald-in-deutschland/waldanteil/; Zugriff am 24.08.2014