10. November 2015
„Augen zu und durch“
Seit Jahren orientiert sich der neu zu erstellende Flächennutzungsplan der Gemeinde Kall an Bevölkerungszahlen, die in 2020 auf bis zu 13.243 ansteigen sollen. Daraus wurde ein zusätzlicher Flächenverbrauch von knapp 59 Hektar ermittelt. Tatsächlich haben wir, 5 Jahre vorher, lediglich 11.487 Einwohnerinnen und Einwohner im Gemeindegebiet Kall, Tendenz sinkend, 3 - 5 % jedes Jahr. Zu dieser Entwicklung ist ein starker Leerstand in einigen Orten zu beobachten.
Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft vom August 2015 zeigt das ganze Dilemma der Situation im ländlichen Bereich auf. Auf dem Land wird mehr gebaut, als es der Bedarf hergibt, 179.000 Wohnungen, Bedarf 165.000 Wohnungen. Die Kommunen, auch die Gemeinde Kall, ködern mit möglichem, zusätzlichem, billigen Bauland. Die niedrigen Zinsen bewirken ein weiteres. Hier wird der Leerstand von morgen vorbereitet, denn Leerstand wirkt sich sehr unangenehm aus. Bei den verbleibenden Bewohnern entsteht das Gefühl der Vereinsamung und Verwahrlosung. Außerdem wird die Infrastruktur nicht mehr ausreichend genutzt, was steigende Kosten und Gebühren nach sich zieht. Das wiederum könnte der Grund sein, dass Bewohner wegziehen und damit ein Teufelskreis in Gang gesetzt wird. Diese Ansicht bestätigen viele Bewohnerinnen und Bewohner mit Ihren Eingaben und Stellungnahmen zum neuen Flächennutzungsplan.
Der Entwicklung des Leerstands gilt es offensiv entgegenzuwirken. Da wirken die Stellungnahmen der Verwaltung zur neuen Flächenentwicklung realitätsfremd. Offensiv heißt, sofort ein Leerstandkonzept zu entwickeln, was von allen Fraktionen seit Jahren gewünscht wird. Hier verweist die Verwaltung auf den Kreis, was bei einem anderen Thema - hier die Müllsatzung - zu langer Verzögerung geführt hat. Noch wichtiger wäre ein Vorsorgekonzept, dass Leerstände gar nicht erst entstehen lässt. Das heißt, in Ortsteilen mit hoher Altersstruktur, Bewohnerinnen Bewohner zu erfassen, die alleine leben, wo Kinder und Angehörige entweder weggezogen oder nicht vorhanden sind. Dort gilt es mögliche Alternativen zu entwickeln, z. B. Jung kauft Alt.
Argumentiert wird, dass für mögliche Baugebiete immer noch der Bebauungsplan entscheidet. Hier werden Begehrlichkeiten geweckt, die dann in einem aufwendigen Verfahren münden, wo Planer, Verwaltung und Ausschüsse unnötig beschäftigt werden, um anschließend zu beschließen, es gibt keinen Bedarf. Ein anderes Argument für die Bevorratung von weiteren Flächen ist der Zuwachs von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Doch gerade hier werden andere Konzepte benötigt als die Erschließung neuer Baugebiete.
Wir werden dem neuen Flächennutzungsplan der Gemeinde Kall erst zustimmen, wenn die Anregungen und Vorschläge zu neuen Flächen ernst genommen werden und daraus eine neue Bewertung erfolgt.