6. September 2020
Mehr Naturwald in Kall!
Im Wahlkampf fordern alle Parteien mehr Einsatz für die Umwelt. Doch was wird übrigbleiben von all den vollmundigen Ankündigungen? Wir wollen die Probe aufs Exempel machen und wirklichen Umweltschutz in unserer Gemeinde voranbringen.
Artenvielfalt kann nur erhalten werden, wenn wir der Natur ihr Recht auf ungestörte Entwicklung zurückgeben - auch außerhalb von Nationalparks. Das ist keine neue Erkenntnis: die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2007 die Vorgabe erlassen, bis zum Jahr 2020 auf 10% der Fläche staatlichen Waldbesitzes eine natürliche Waldentwicklung umzusetzen. Hiervon ist die Gemeinde Kall noch weit entfernt Deshalb hat BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN den folgenden Antrag gestellt, und sind gespant, wie die Absimmung im Umweltausschuss und im Rat ausgehen wird:
"Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt für die nächste Sitzung des Ausschusses für Liegenschaften, Forsten und Umwelt den folgenden Antrag:
„Der Ausschuss empfiehlt dem Rat zu beschließen, zehn Prozent der im Eigenbesitz befindlichen Waldfläche in der Gemeinde Kall bis Ende des Jahres 2021 als Naturwald auszuweisen. Die entsprechenden Flächen werden in Zusammenarbeit mit Vertretern von Naturschutzverbänden und der Biologischen Station im Kreis Euskirchen e.V. identifiziert. Der Rat beschließt weiterhin unter fachlicher Begleitung dieser Vertreter einen Plan zu entwickeln und umzusetzen, mit dem bis zum Jahr 2030 der Anteil des Naturwalds auf mindestens zwanzig Prozent erhöht wird“.
Begründung:
Aus ökologischer Sicht sind Naturwälder durch ihren alten Baumbestand und ihre Struktur aus standorttypischen Baumarten in allen Altersstadien wertvoll zum Schutz der Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren sowie in Hinblick auf den Umwelt-und Klimaschutz. Diese Art an Waldbestand machte im Jahr 2007 weniger als 2% der Landesfläche aus. Dieser viel zu geringe Anteil stellt eine relevante Gefährdung der biologischen Vielfalt dar. Bei den in der sogenannten „Roten Liste gefährdeter Arten“ aufgeführten Tieren und Pflanzen sind insbesondere solche Arten stark betroffen, die auf natürliche Wälder angewiesen sind.
Aus diesem Grund hatte die Bundesregierung im Jahre 2007 in der Nationalen Biodiversitätstrategie das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 einen bundesweiten Anteil von 5% der gesamten Waldfläche in Naturwald umzuwandeln. Für die öffentliche Hand hat die Bundesregierung dabei sogar die Vorgabe erlassen, bis zum Jahr 2020 auf 10% der Fläche staatlichen Waldbesitzes eine natürliche Waldentwicklung umzusetzen. Das Bundesamt für Naturschutz hat allerdings im Jahr 2019 festgestellt, dass das bundesweite Ziel bei weitem verfehlt wird und weniger als 3% der Fläche an Naturwäldern erreicht werden.
Laut Bundesnaturschutzgesetz muss die öffentliche Hand bezüglich der Bewirtschaftung von Flächen Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigen. Auf Bundesebene wurde zwischenzeitlich sogar für einen Anteil von mindestens 20% der bundeseigenen Wälder eine natürliche Entwicklung ohne Bewirtschaftung festgeschrieben.
Der Antrag, zunächst eine Fläche von 10% des gemeindeigenen Waldes als Naturwald auszuweisen, fordert somit lediglich ein etwas nachträglich umzusetzen, was bereits für das Jahr 2020 als nationales Ziel für Wald der öffentlichen Hand festgelegt wurde. Die nachfolgende Erweiterung des Anteils auf 20% im Jahr 2030 würde den Anteil des Naturwaldes am Waldbesitz der Gemeinde Kall zumindest auf das Niveau anheben, welches heute schon auf Bundesebene festgeschrieben ist.
Der Staat kann gegenüber privaten Waldbesitzern nur glaubhaft dafür werben, das nationale Ziel einer Ausweitung des Naturwalds mitzutragen, wenn im öffentlichen Waldbesitz ebenso verfahren wird.
Da sich seit mehreren Jahren unsere konventionell forstwirtschaflich bewirtschafteten Wälder durch Dürre, damit ansteigenden Befall durch Schädlinge und Sturmschäden in einer tiefgreifenden Transformationsphase befinden und regelrecht kollabieren, ist es an der Zeit das umzusetzen, was aus ökologischer Sicht seit langem geboten ist: unseren Waldbestand mit einer langfristigen Strategie wieder in einen ökologisch wertvollen und für die Klimaänderungen wesentlich besser gerüsteten Naturraum umzuwandeln, der vielleicht zukünftig etwas weniger Profit für die derzeit laut nach staatlichen Hilfen heischenden Waldbesitzer abwerfen mag, anstelle dessen aber für die Natur und unsere Gesellschaft existenziell wichtige Funktionen erfüllt."