25. Februar 2021
Topographie und Flächenverbrauch
Immer weiter dehnen sich Gewerbegebiete in der Peripherie des Ortes Kall aus. Kaum ist das Gewerbegebiet III erschlossen, legt die Verwaltung nach: nun soll das Gewerbegebiet IIIb folgen. Der "endogene" Bedarf an Gewerbegebieten scheint unersättlich. Und wieder sollen Ackerflächen am Ortsrand Gewerbehallen weichen. Bisher war dieses Gebiet nicht für die Gewerbeansiedlung vorgesehen. Doch der Bürgermeister hält im Flächennutzungsplan vorgesehene Grundstücke für "weniger geeignet" zur Gewerbeansiedlung. Deshalb machte er den Vorschlag, Flächen neu zu "verorten". Das Ergebnis: eine weitere Flächenausdehnung in den Freiraum.
„Das Ende des Flächenverbrauchs bestimmt die Topographie“, so Bürgermeister Esser zur Vorlage der „Neuverortung“ künftiger Gewerbegebiete im Entwicklungsausschuss. Wer sich die Unterlagen zum Ausschuss aber genauer anschaut, der erkennt: nicht die Topographie ist der Grund, sondern der Profit.
Und darum geht es: die Verwaltung hält einige der bisher für Gewerbegebiete vorgesehene Flächen aufgrund der Topographie und der "Nähe zur Wohnbebauung" für „weniger geeignet“ zur Gewerbeansiedlung. Auf der nun vorgesehenen Fläche, anschließend an das Gewerbegebiet III in Richtung Wallenthaler Höhe, könnten dagegen „für potentielle Investoren Kosten für Erdarbeiten minimiert“ werden. Weitere Entfernung zur Wohnbebauung spart Maßnahmen beim Schallschutz. Zunehmende Zersiedlung, Probleme bei der Wasserführung und weitere Belastungen für den Ort Scheven werden zum Vorteil von Investoren in Kauf genommen. Der Ausschuss stimmte dem Vorhaben mehrheitlich zu. Nur die Fraktion der GRÜNEN lehnte die Pläne ab.
Kehrtwende?
Doch nun das: unter Führung des Ortsvorstehers sprechen sich auch die Schevener Ratsvertreter*innen von CDU, SPD und FDP gegen die geplante Erweiterung aus. "'Landverbrauch muss gestoppt werden'. Schevener Kommunalpolitiker sprechen sich gegen das geplante Gewerbegebiet aus", titelte die Lokalpresse. Vor der Sitzung des Entwicklungsausschusses wäre diese Stellungnahme wohl glaubwürdiger gewesen - die Pläne waren allen Beteiligten lange bekannt. Und auch die Sorge um den Flächenverbrauch wirkt wenig glaubwürdig: die Protagonisten sind bisher eher als Unterstützer der Pläne zur Ausweitung von Gewerbe- und Baugebieten in der Landesplanung in Erscheinung getreten. Auch der Hinweis auf fehlende Wohnflächen in der Gemeinde Kall passt nicht so recht ins Bild.
Wir wünschen den Schevener Ratsvertreter*innen jedenfalls viel Glück und Erfolg, ihre eigenen Fraktionen von der neuen Linie zu überzeugen. Denn letztlich bestimmen Bürgermeister und Ratsvertreter*innen das Ende des Flächenverbrauchs - und niemand anders. Mit Hinweisen auf die Topographie kann sich keiner aus der Verantwortung stehlen.