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GRÜNE Kall

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4. Januar 2017

Rede zum Haushalt 2017

"Gemeinde mitgestalten - Aufenthaltsqualität verbessern" - unter diesem Motto stand in diesem Jahr die Haushaltsrede von Ekkehard Fiebrich, dem Vorsitzenden der Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:

"Die Zukunft der Gemeinde Kall in den nächsten 10 Jahren wird entscheidend dadurch beeinflusst werden, welche Aufenthaltsqualität wir den Bürgern und auch Gewerbetreibenden bieten können. Dazu müssen wir heute die ersten wichtigen Schritte unternehmen und langfristige Projekte beginnen, zu denen unter anderem gehört:

Soziales Kall

Nicht erst durch den Zuzug von Flüchtlingen ist Kall mit den umliegenden Gemeindeorten als Standort vieler integrativer Einrichtungen ein Vorbild. Mehrere Jugendhilfeeinrichtungen, die Lebenshilfe, integrative Werkstätten, die Förderschule St. Nikolaus, leisten seit mehr als 30 Jahren vorbildliche Arbeit, die durch die Flüchtlingsinitiativen Kall und Sistig ergänzt werden. Auch Vereine und weitere ehrenamtlich tätige Einzelpersonen tragen dazu bei, dass der soziale Frieden in Kall deutlich spürbar ist. Das zu errichtende Haus der Begegnung im Ortskern Kall vervollkommnet dieses Mosaik, wo vor allem Minderheiten einen beschützten Raum und Unterstützung erhalten.

Die Einführung der Ehrenamtskarte im September 2016 ist ein weiteres Merkmal für ein soziales Kall. In 2017 können auf Antrag der Vereine Ehrenamtskarten angefordert werden. Sie stärken die Akzeptanz und das Selbstwertgefühl von Ehrenamtlern, die sich regelmäßig und längerfristig engagieren. Die Vergünstigungen in der Gemeinde in Hallenbad und Bücherei werden erweitert durch Rabatte vieler Sponsoren des Einzelhandels. Das fördert Einzelhandel vor Ort und kommt damit langfristig auch der Aufenthaltsqualität zu Gute.

In den Außenorten Scheven und Sistig wird dank vieler Unterstützer an der Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch das NRW Projekt zur Entwicklung altersgerechter Quartiere gewirkt. In Sistig ist eine starke Beteiligung der Bevölkerung vorhanden, die sich auch auf den Erfolg der Gründung der Genossenschaft „Sistiger Lädchen“ stützt. Das zeigt, dass im sozialen und zwischenmenschlichen Bereich keinesfalls nur die Flüchtlingsfrage herausragt.

Außenorte stärken …

… muss ein weiterer Schwerpunkt sein, um Abwanderungen und Verlust von Kaufkraft zu verringern und für die Ortsbilder und das dörfliche Leben schädlichen Leerstand zu vermeiden. Alleine die Erfassung von Leerständen und eine eventuelle finanzielle Unterstützung von Käufer dieser Immobilien wird hier nicht ausreichen. Bei absehbaren Leerständen bzw. Leerstandsrisiken muss proaktiv und konsequenter als bisher gehandelt werden, wie auch dem Sozialbericht des Kreis Euskirchen vom Februar 2014 zu entnehmen. Wir werden das zum Schwerpunkt in der Arbeitsgruppe Leerstandsmanagement machen. Weitere Maßnahme um das Ausbluten der Dörfer in der Gemeinde zu verringern, muss ein besseres ÖPNV-Angebot für spätere Abendstunden und an Wochenenden sein, siehe das Beispiel Blankenheim. Das bedeutet zwar höhere Umlagen, trägt aber zur Wohnort-Attraktivität bei und kann damit auf vielfältige Weise einen Gewinn darstellen, nicht zuletzt in wirtschaftlicher Hinsicht, wenn wir damit dem demographischen Trend entgegen wirken können. Ideen für den ländlichen Raum werden z.Zt. in der Demografie-Initiative der Kreises Euskirchen unter Beteiligung der Kommunen und aktiver Ehrenamtler weiterentwickelt.

Der Schulstandort Kall …

… wird in 2018 einen herben Verlust erleiden, wenn die Hauptschule Mechernich am Standort Kall ausläuft. Diese Entwicklung war noch vor kurzem so nicht absehbar. Jetzt wird eine inhaltliche, räumliche und finanzielle Gesamtlösung notwendig, die kollektives Handeln verlangt. Zum Wohle von Kindern, Eltern und Pädagogen sollte die Diskussion zur zukünftigen Nutzung von Schul- und Kindergartengebäuden emotionsfrei erfolgen. Die im Investitionsplan im Haushalt 2017 noch geplanten Maßnahmen sollten auf das Nötigste begrenzt werden, bis eine Gesamtlösung gefunden ist, an welcher die Nachhaltigkeit der Investitionen gemessen werden kann. Dem Verlust des Standortes Kall im Sekundarschulbereich muss durch ein gutes Angebot im Bereich der Kindertagesstätten und der verbleibenden Schulen begegnet werden, um zu verhindern, dass zuzugswillige Neubürger in Orte ausweichen, die ein breiteres Schulangebot vorweisen. Es gibt eine Förderzusage für investive Maßnahmen für die Ü3-Betreuung vom 27.4.2016 und den Beschluss, auf Vorschlag der CDU, die Unterbringung 0- bis 2-Jähriger in konkrete Planungen umzusetzen. Wir erwarten im nächsten Sozialausschuss im Januar erste Maßnahmen hierzu.

Das Familienzentrum im Gebäude der Kindertagesstätte Sistig erfährt in den kommenden Jahren eine energetische Aufwertung: alleine 200.000 Euro werden dafür im 2017 ausgegeben. Insgesamt beläuft sich die Investition hier auf 500.000 Euro zur Sicherung des Standortes und Verbesserung der Aufenthaltsqualität, auch als Angebot über die Gemeindegrenzen hinaus.

Die Hochwasserproblematik …

… beschäftigte Ausschüsse und Rat über das ganze Jahr hinaus. Die Situation hat sich nach den Starkregenereignissen im Sommer in Scheven dramatisch zugespitzt. Bis jetzt gibt es kein ausgereiftes Konzept, denn der Ansatz Regen und Hochwässer alleine durch große bauliche Maßnahmen zu kanalisieren und abzuleiten, ist finanziell kaum zu schultern. Es ist daher unbedingt nötig schon der Entstehung der Hochwässer stärker entgegen zu wirken, durch Einbeziehung von Gräben und Wegen - insbesondere in Hanglagen - sowie Bewuchsformen, die eine Verzögerung des oberflächlichen Wasserabflusses bewirken, durch Hecken oder Strauchreihen sowie mehr naturnahe Agrarflächen anstelle der heutigen flächenintensiven Ackerbewirtschaftung, um die Kostenspirale beim Bau von Hochwasser- und Regenrückhaltebecken nicht ins Unermessliche steigen zu lassen. Die zusätzliche Flächenversiegelung im neuen Gewerbegebiet vergrößert das Risiko zukünftiger Hochwasserlagen in Scheven und sollte daher auch mit lokalen Regenrückhaltemaßnahmen zur Verzögerung der Wasserzuflüsse kompensiert werden, um nicht später teures Lehrgeld zu zahlen, wenn sich die heutigen Berechnungen zur Nützlichkeit der geplanten Rückhaltebecken in der zukünftigen Realität als unzutreffend erweisen sollten.

Das neue Gewerbegebiet ...

 … schafft Arbeitsplätze, hoffentlich Zuzug und zusätzliche Einnahmen – insbesondere bei der Gewerbesteuer. Es reicht aber womöglich nicht aus, einfach nur Flächen zu Verfügung für Gewerbe vorzuhalten. Das praktizieren schon andere Kommunen in unmittelbarer Autobahnnähe – wie Mechernich, Euskirchen oder Weilerswist - und haben dadurch einen großen Standortvorteil. Dem kann man nur begegnen, wenn unser Gebiet ein Alleinstellungsmerkmal aufweist. Daher werden wir beantragen zu prüfen, Freiflächen für einen Solarpark im Gewerbegebiet auszuweisen. Denn es ist für mögliche Investoren finanziell wieder interessant in Freianlagen bis 750 Kilowatt zu investieren. Höhere Zuschüsse bei sinkenden Modulkosten machen dies wieder möglich und erste Abfragen in dieser Richtung waren positiv. Die Produktion von Solarstrom ist günstig und schafft auch für die Vermarktung unserer Gewerbeflächen Vorteile. Im Zusammenhang mit der Energiewende hat die Gemeinde Kall im Oktober einen neuen Klimamanager eingestellt, Herrn Sebastian Glien. Es wäre fatal, dabei auf halbem Wege stehen zu bleiben, so wie in manch anderer Kommune im Kreis praktiziert. Herr Glien wird vorrangig den Kindergärten und Schulen das Projekt Fifty-Fifty vorstellen, mit dem Energieverbrauch reduziert werden soll, laufende Kosten für die Kommune gesenkt und gleichzeitig ein finanzieller Gewinn für die jeweilige Einrichtung entsteht. Erste Vorstellungen im Energieteam Kall fanden große Zustimmung, auch weil alle Einrichtungen mitmachen. Es ist vorgesehen, das Konzept im nächsten Sozialausschuss im Januar 2017 vorzustellen.

Weiterer Schwerpunkt wird der Aufbau einer Mobilitätsstation …

… am Bahnhof Kall im Rahmen des Integrierten Handlungskonzepts sein. Angebote einer klimafreundlichen Fortbewegung z.B. in Form eines E-Bikes Verleih, sowie Beratung und Informationen zum ÖPNV sind Schwerpunkte der Einrichtung. Ferner stehen im Haushalt 2017 für weitere Klimaschutzprojekte auf Antrag Fördergelder zur Verfügung. Hier hat das Energieteam Kall unter Beteiligung der Öffentlichkeit bereits viele gute Vorschläge kompetent und erfolgreich erarbeitet.

Das integrierte Handlungskonzept …

… für den Ort Kall hat durch die fachliche Beratung der RWTH Aachen eine deutliche Dynamik entwickelt. Die Beteiligung der Bevölkerung in zwei Bürgerwerkstätten in 2016 hat dazu geführt, dass jetzt ein schlüssiges Konzept vorliegt. Die erste sichtbare Maßnahme - auch von der Mehrzahl in den Bürgerwerkstätten gewünscht - wird die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes sein. Zur Abstimmung kam heute im Rat eine Gestaltungsvariante, mit der die Aufenthaltsqualität im Zentrum von Kall erheblich verbessert wird. Da der Förderantrag bis zum Ende des Jahres gestellt werden muss, ist diese Entscheidung notwendig, um im Jahre 2017 mit der Umsetzung beginnen zu können. Auch der Neubau der Brücke Hindenburgstraße/Bahnhofstraße mit integriertem neuem Kreisel ist Bestandteil des Konzepts. Hinzu kommt der Ausbau der Hindenburger und Aachener Straße, die den Anwohnern und Gewerbetreibenden einige Behinderungen zumutet. Hier ist es wichtig Bauabschnitte zu bündeln, vollständige Sperrungen zu vermeiden sowie alle Maßnahmen frühzeitig zu kommunizieren und mit den Betroffenen gemeinsam auszugestalten.

Wir können uns keine weitere Verlagerung von Kaufkraft ins Gewerbegebiet erlauben, denn das schreckt im Ortskern Neuinvestoren ab und beschleunigt Insolvenzen ansässiger Betriebe. Gleichzeitig ist die jetzt angestoßene Entwicklung im Ortskern Kall notwendig um Investoren zu gewinnen, damit die Kaufkraft zu verbessern, den Aufenthalt im Ort zu beleben und im Wettbewerb zu bestehen, denn die umliegenden Kommunen stecken beträchtliche Anstrengungen in ihre eigene Weiterentwicklung, siehe Blankenheim, Schleiden, Hellenthal, Heimbach. Für die Begleitung und Abwicklung dieses auf viele Jahre ausgelegten Projekts zur Entwicklung unseres Zentrums braucht es zusätzliche Unterstützung von der RWTH Aachen, eine Projektsteuerung vor Ort und ein Projekt zur Bauberatung. All das ist im Förderantrag personell abzubilden, um die Verwaltung in dieser Aufgabe zu entlasten.

Das alles verlangt der Bevölkerung, der Verwaltung und der Politik einiges ab, zumal die absehbare finanzielle Entwicklung …

… keine Entspannung verheißt. Verwaltung und Fraktionen sehen sich bislang nicht in der Lage, größere Einsparungen aufzuzeigen. Die Hoffnung auf weitere Senkung der Kreisumlage ist nicht begründet, im Gegenteil: der Kreis hat mit der Senkung 2017 seine Rücklagen weitgehend aufgebraucht, einen Stellenaufwuchs von bis zu 15 Stellen geplant und eine Kostensteigerung bei der Jugendhilfe um 1,8 Millionen zu verkraften. Die zu viel gezahlten Leistungen zur Finanzierung von Integrationshilfen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung durch den Landschaftsverband Rheinland sorgen nur kurzfristig für eine kleine Entspannung. Daher ist im Jahr 2018 folgendes unumgänglich: Einsparungen bei Personal und Standards, Reduktion freiwilliger Leistungen, Steuererhöhungen oder Haushaltssicherungskonzept, es sei denn man wollte die Einnahmenseite ohne Erhöhung der Steuern verbessern. Daher ist die Gemeinde jetzt gefordert ihre Flächen hinsichtlich der Eignung für weitere Windkraftanlagen wohlwollend zu untersuchen, mit dem Ziel weitere Flächen auszuweisen. Dies ist ein öffentlich durchzuführender Prozess, der nicht hinter verschlossenen Türen erfolgen darf. Die Gemeinde Dahlem hat das vorgemacht, Politik und Bevölkerung rechtzeitig mitgenommen, die Energiewende in der Region vorangebracht und ihren Haushalt entlastet, um - 600.000 Euro pro Jahr."

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